Wenn der Berg ruft...
Nach einem gefährlichen Aufstieg wurde Michael Staempfli auf dem Mt. Fuji ehrenvoll von 400 Japanern
begrüßt. Er konnte ohne Sauerstoffflasche nur durch seinen unendlichen Ehrgeiz getrieben sich bis
in diese Höhen vorarbeiten...
So oder so ähnlich hätte wohl die Nachricht in den japanischen Medien ausgesehen.. ;o)
Aber nun der Reihe nach...
Es ist wahr, ich war auf dem Fuji und es war eines meiner Erlebnisse, die ich wirklich nicht vergessen
werde.
Am Samstag mittag sind wir von Tokyo aus aufgebrochen um den Fuji san zu besteigen. Das Wetter war
herrlich, die Stimmung ausgelassen. Unendliche Gerüchte und Sagen hatten uns zugetragen... Wenn Du
im Sommer den Fuji besteigst musst Du anstehen um nach oben zu kommen. Oder: Man braucht bei Nacht
keine Taschenlampe, da die ganzen Japaner alle ihre Halogenlampen dabeihaben. Andere meinten es wird
oben richtig kalt und man kann sich unter anderem, wenn es richtig übel zugeht auch auf Schnee
einstellen. Somit waren wir richtig gespannt, als wir mit dem Bus zur 5.Station auf 2.400m fuhren.
Am Straßenrand konnte man die ersten Autoparkplätze sehen und es schien ein lockerer Aufstieg zu
werden, da vielleicht jeder 4. Platz belegt war. Danach ging es noch durch einen kleinen Tunnel und
dann kamen die Busparkplätze.... ja, was soll ich sagen, ich habe leider angefangen die Busse zu
zählen.... 50-60 Stück standen dort. An die vielen Bussen, die die Meute nur hochgefahren hatten
und nachher wieder ins Tal gefahren sind, wollte ich gar nicht denken. Kurz und gut nach einer
gemeinsamen Hochrechnung haben wir uns auf ca. 3.600 Leute geeinigt, die in dieser Nacht mit uns
den Gipfel stürmen wollten. Darunter war alles vertreten von kleinen Kindern ca. 10 Jahre alt bis
zu den Großeltern mit 70, denen schon jetzt die Lunge pfiff. Welch ein Pioniergefühl! Es geht doch
nichts über das Gefühl alleine in der Natur zu wandern!
Nachdem gegen 18.00 Uhr die Vorhut aufgebrochen war, na ihr wisst schon, ja es waren so ziemlich alle
Japaner.. Sind wir noch gemütlich in der 5. Station sitzen geblieben. Wir mussten nun einen Schlachtplan
entwickeln... Wie kommen wir an den Japanern vorbei um den Sonnenaufgang zu sehen, ohne allzu lange im
Pulk aufgehalten zu werden... Nach langem rätseln starteten wir gegen 20 Uhr, noch waren wir frohen
Mutes. Es ging zuerst eine Strecke um den Fuji san. Am Berg konnte man keine Lichterkette ausmachen,
waren die Japaner vielleicht doch alle zum Pilze pflücken in die Wälder gegangen? Die Spannung stieg.
Aber dann bog der Weg ab Richtung Gipfel und als wir aus dem Wald kamen, bot sich uns ein recht
ungewohntes, ja schauriges Bild. Zum Gipfel aufblickend sahen wir den Weg übersäht mit Lichtern,
die sich langsam nach oben bewegten. Es sah eigentlich aus, als wäre es ein beleuchteter Weg, der
nach oben geht. Keine richtige Herausforderung...oder doch???
Die nächsten 2-3 Stunden war es auch wirklich noch schön zu laufen. Man musste die eigene Taschenlampe
benutzen und wir waren alleine auf einem recht breiten Weg. Aber gegen 11 oder 12 Uhr wurde der Weg immer
schmäler und wir hatten die Vorhut erreicht. Es war ein richtiges Spießrutenlaufen. Wo Du hinläufst -
ein Japaner dappelt vor dir her. Von wegen man kann seine eigene pace laufen. Nachdem wir das eine
gute Stunde mitgemacht hatten, sind wir auf die Abstiegsroute umgestiegen, anstatt eines gut befestigten
Weges liefen wir über halben Schotter, was natürlich etwas anstrengender war, weil man immer wieder
leicht nach unten rutschte, aber dafür keine Japaner und einen riesig schönen Sternenhimmel. Gegen 1
Uhr haben wir dann an einer Hütte 1 Stunde Pause gemacht. Der Hüttenwart wollte 5.000 Yen (100 DM)
pro Person... Wir haben es dann vorgezogen im Freien vor seiner Tür zu rasten. Ja und da war dieses
Geräusch... chhhhh...chhchhhh...chchchch ich kannte es von irgendwoher, aber was war das nur? Es klang,
wie wenn sich jemand auf einen Tauchgang vorbereitet, aber wo war der See? Weit und breit war doch
keiner in der Karte eingezeichnet. Kurz Zeit später des Rätsels Lösung: die Japaner hatten doch
tatsächlich im Tal O2 Flaschen gekauft, die sie sich jetzt reinpfiffen... ja klar braucht man; wenn man
auf so rekordverdächtige Höhen marschiert.. (viele Japaner haben mich auch nachher gefragt, ob das
überhaupt geht, ohne Sauerstoffflasche, der Fuji ist ja schließlich der höchste Berg Japans) nach weiteren
2 Stunden Schlange stehen hatten wir es dann wirklich geschafft, wir standen auf dem Fuji und haben
sogar noch einen Platz in der ersten Reihe auf der Mauer gefunden, wahrscheinlich sehr zum Ärgernis,
der hinter uns stehenden...
Der Sonnenaufgang war dann wirklich ein Erlebnis, das den Weg nach oben gelohnt hatte. Aber kurz danach
fing ein Wind an zu blasen, der einen ganz schnell von dieser Höhe vertrieb. Es gab Leute, die hat es
über große Steine hinweggeweht... Sie wollten ein Foto machen und waren einen Moment nicht aufmerksam...
Der Rückweg hat mich dann eigentlich mehr an einen Almabtrieb erinnert, aber wenigstens war der Weg
breit genug um Leute zu überholen und sein eigenes Tempo gehen zu können.
Also irgendwie war es schon ein Happening, das man mal mitgemacht haben muss, aber wirklich nur einmal.
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